Infos Produktion 1987
von Walter Hasenclever / Regie: Peter Schneider
Die Aufführungen
Premiere | Freitag 30.10.1987 im Propsteikeller Klingnau |
Spieldaten | 30.Oktober und 6./7./13./14. November 1987 |
Vorstellung | jeweils 20:15 Uhr Theaterbeiz ab 19:00 Uhr |
Eintritt | Erwachsene CHF 12.- Schüler/Studenten/Lehrlinge CHF 6.- |
Vorverkauf | Papeterie Brunner, Klingnau |
Die Personen
Darsteller | Herr Compass | Marcel Erni |
Frau Compass | Gerlinde Gügi | |
Harry Compass | Thomas Teller | |
Lia Compass | Rahel Binder | |
Möbius | Angelo Zambelli | |
Rasper | Heinz Baumgartner | |
Ein Dr. phil. | Thomas Teller | |
Von Schmettau | Kaspar Oswald | |
Frau Schnüttli | Margrit Weber | |
Aline | Iris Bachmann | |
Polizist | Lorenz Capaul | |
Sekretär | Lorenz Capaul | |
Damen in reiferem Alter | Trix Zambelli Brigitte Erni Susanne Ackermann Bernadette Capaul Christine Widder Alice Schifferle |
Bühnenbild |
Myrta Steigmeier Cornelia Speckert |
Souffleuse | Trix Zambelli |
Maske | Susanne Ackermann Annemarie Widmer |
Kostüme | Brigitte Erni |
Bühnenbau | Max Graf |
Technik | Theo Steiner Urs Steiner |
Regie |
Peter Schneider |
Das Stück
Ich habe Hasenclevers «Besseren Herrn» vor rund fünfzehn Jahren in Deutschland zum ersten Mal gesehen. In einem kleinen, «armen» Theater, auf einer Bühne mit wenig Spielfläche, ohne grosse Dekorationen, ohne viel Aufwand. An Einzelheiten vermag ich mich nicht mehr zu erinnern. Aber die Aufführung – oder besser: die Stimmung dieser Aufführung – trug ich über Jahre hindurch mit mir herum. In neuerer Zeit bin ich dem «Besseren Herrn» zweimal wiederbegegnet. Auf grossen Bühnen diesmal, aufwendig, pompös, zum Teil mit Starbesetzungen. Diese beiden Aufführungen haben mich nicht so recht befriedigt. Eine Aufführung auf wenigen Quadratmetern, die überflüssige Gänge und Gesten und eine aufwendige Ausstattung ausschliesst, kommt nicht nur den Möglichkeiten von Laien, sondern auch dem Stück selbst entgegen. Die expressionistisch verknappte Sprache Hasenclevers verlangt nach Konzentration. Nur so wird klar, dass der «Bessere Herr» mehr als vordergründige Unterhaltung ist, nämlich ein hervorragendes Transportmittel für die ernsthaften Anliegen des Autors. «Reif zur Komödie geworden» war Hasenclever, der anfänglich Dramen verfasst hatte, in Paris, wo er – «ergriffen von der heiteren Grazie des französischen Lustspiels» -lernte, «die Dinge von der anderen Seite zu sehen». Vor allem Molieres Menschengestaltung beeindruckte ihn tief. Kein Wunder, sind die handelnden Personen im «Besseren Herrn» bis hin zur kleinsten Rolle und trotz sparsamsten Redewendungen absolut überzeugend gezeichnet. Dass Hasenclever in seiner Jugend «mit Hingabe Ibsen gelesen hatte», zeigt sich andererseits durch die exakte Analyse menschlicher Verhaltensweisen am Beispiel seiner Komödienfiguren. Das Stück ist, obwohl inzwischen sechzig Jahre alt, keineswegs veraltet. Im Gegenteil. Bei der Auseinandersetzung mit dem Text gewinnt man den Eindruck, als ob es gerade erst entstanden wäre. Wenn Lia Compass sagt: «Lernen wir von Papa, dass sich alles in der Welt nach Angebot und Nachfrage richtet», oder ihr Bruder Harry feststellt: «Papa hat sich eingeredet, er muss eine Geliebte haben. Sein Einkommen verpflichte ihn dazu.», so könnten diese Sätze eben erst geschrieben worden sein. Wenn «das Liebesbedürfnis auf eine technische Formel gebracht wird» und auf die Frage «Also aus Geschäftsinteressen?» die Gegenfrage «Gibt es noch andere?» folgt, so mutet uns das doch sehr heutig an. Auch das Heiratsinserat gibt es noch, und selbst der Heiratsschwindler tritt gelegentlich in Erscheinung. Nur dürfte dieser heute zu seiner Verteidigung kaum so schöne Worte finden, wie Hasenclever seinem Helden Hugo Möbius in den Mund gelegt hat. Im Buch «Die Goldenen Zwanziger Jahre» schreibt Hermann Behr: «Der Mensch des Expressionismus war eine Traumgeburt. Es war der Mensch, der aufbricht, um sich selbst zu erleben, der alle seine Masken abwirft, alle Schablonen von sich streift, der nicht mehr vom Ballast des Alltags erdrückt, zerquetscht werden will, sondern sein eigentliches Sein lockert und aufschürft bis auf den Grund.» Davon ist auch im «Besseren Herrn» zu spüren. Dass der Traum des neuen Menschen mit der braunen Machtübernahme zum Alptraum wurde, ist uns bekannt. Dass die «goldenen» zwanziger Jahre so golden gar nicht waren, wissen wir ebenfalls. Trotzdem neigen wir dazu, jene Zeit zu verklären. Geträumt wird weiterhin. Vielleicht lachen wir deshalb so gerne über die träumenden Realisten in Hasenclevers Komödie. Es gibt ja auch den Galgenhumor.
Der Autor
Walter Hasenclever wurde am 8. Juli 1890 in Aachen geboren. Ab Frühling 1908 studierte er in Oxford, wo er sich beim Poker die Kosten für den Druck seines ersten Stücks «verdiente». 1913 erschienen seine ersten Gedichte. «Der Jüngling» und «Das unendliche Gespräch – eine nächtliche Szene» erschienen ein Jahr später. Ebenfalls 1914 vollendete Walter Hasenclever sein Drama «Der Sohn», das 1916 in Prag und in Dresden uraufgeführt wurde. Trotz seiner Neigungen zum Spiritismus und zum Aberglauben wurde Walter Hasenclever neben Goethe, Nestroy, Sternheim, Lessing und Kästner zum bühnensichersten Komödiendichter in deutscher Sprache. Mit «Ehen werden im Himmel geschlossen», «Ein besserer Herr», «Napoleon greift ein», «Münchhausen» und «Konflikt in Assyrien» hat Hasenclever eine Reihe hervorragender Lustspiele geschrieben, in denen sowohl die Realität wie auch ein äusserst liebenswerter Charme zutage treten.
Die Geschichte eines Heiratsschwindlers in London bot Hasenclever den Stoff für die Komödie «Ein besserer Herr». Meister Zufall wollte es, dass sich die Ereignisse dieses Stücks nur wenige Monate nach der Uraufführung beim Prozess des Industriellen Haas in Magdeburg beinahe wörtlich wiederholten…